Presse
27.07.2016
Eine Hommage an die Weiblichkeit
Günther Kempf zeigt seinen Bilder-Zyklus „Portrait of a Lady“ in der Galerie Insinger in Distelhausen.
Von Ulrich Kelber, MZ
Pielenhofen. „Mir gefällt seine Kunst“, bekennt Regensburgs Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, als er am Sonntag in der Galerie von Carola Insinger in Distelhausen die Ausstellung „Portrait of a Lady“ von Günther Kempf eröffnet. Der Künstler mit der „unverwechselbaren Bildsprache“ sei „ein Regensburger Original“, die Stadt lebe „von solchen Typen“. Nicht nur die Baudenkmäler, sondern auch Menschen wie Kempf machten den Charme Regensburgs aus.
In seinem Amtszimmer hänge ein „echter Kempf“, erzählt der Oberbürgermeister, ein Ölgemälde mit dem doppelsinnigen Titel „Wir wollen Wolle“. Es spielt mit dem Spitznamen des inzwischen kahlköpfigen Wolbergs, aber andererseits gibt es darauf auch eine Herde geschorener, nackter Schafe, die alle ganz offensichtlich große Erwartungen darauf setzen, dass der Stadtoberhaupt-Schäfer ihrer Blöße abhilft. Mit diesem Bild scheint Kempf in die Fußstapfen Rudi Hurzlmeiers – des „Titanic“-Karikaturisten mit Regensburg-Spuren im Lebenslauf – zu treten, der bei seiner satirischen Kunst ja auch gerne eine Tier-Metaphorik verwendet.
Ein Faible für „Trash“
Günther Kempf ist umtriebig. 80 Ausstellungen hat er in den vergangenen Jahrzehnten gehabt. Aber Kempf ist auch ungeheuer kreativ, ein Spötter, der voller Ironie auf die Dinge des Lebens schaut. „Das Ernsthafte geht mir auf die Nerven“, sagt er. Man müsse einfach „sich selber weniger ernst nehmen“. Er hat ein Faible für „Art brut“, für „Trash“, für das Triviale. Ob er sich mit Comics wie „Tim und Struppi“ auseinandersetzt, ob er bizarre Skulpturen formt, er hat keine Scheu vor dem scheinbar Naiven. Den Reiz seiner Kunst macht die zupackende Spontaneität aus. Er strebt nicht nach Vollkommenheit. Seine Bilder sollen wild sein, nicht ausgefeilt, nicht brav und glatt. „Ich bin ein Mensch, der sehr undiszipliniert arbeitet“, sagt Kempf. Aber Disziplin würde seine Werke um ihre Wirkung bringen.
Bei „Portrait of a Lady“ in Distelhausen handelt es sich um einen in jüngster Zeit entstandenen Zyklus aus Aktbildern. Aber der inzwischen 64 Jahre alte Künstler pflegt mit diesen Motiven keineswegs eine Art Johannistrieb. Starke, selbstbewusste Frauen sind auf diesen Gemälden und Zeichnungen zu sehen: eine Hommage an die Weiblichkeit. Die Kunsthistorikerin Caroline Ebeling berichtete bei der Vernissage davon, dass die Werke der Fotografin Bettina Rheims und Aktfotos aus der einstigen DDR Günther Kempf als Inspirationsquellen dienten. Der Künstler selbst nennt als Vorbilder außerdem noch Frauenbildninisse der Renaissance-Zeit.
Graffiti der anderen Art
Günther Kempf löst den fotografischen Realismus völlig auf. Seine Bilder sind skizzenhaft, oft genügen ihm wenige Umriss-Linien. Es geht ihm um die Körperhaltung, um die Posen und um die Gesten, mit denen die Frauen ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Und als zusätzlichen Kommentar versieht Kempf seine Bilder mit kommentierenden skripturalen Elementen. Weil er nicht nur Maler sondern – in der Band „Tres Hombres“ – auch Musiker ist, verwendet er dazu fast als Ratespiel Textzeilen aus diversen Songs wie „When she said her love is dead“, „Una rosa es una rosa“ oder „Hands of kindness“. Während einige Bilder hierdurch etwas überfrachtet wirken, gibt es eine Reihe von Arbeiten, die durch eine stärkere Reduktion sowie durch ihre besondere Technik anzusprechen wissen. Es handelt sich um Glasradierungen, wobei der Künstler jedoch auf Papier und Druck verzichtet hat. Stattdessen hat er die Glasplatten mit den schwarz eingefärbten Einritzungen direkt auf eine verwitterte Hauswand platziert, deren Patina nun einen schönen Bildhintergrund abgibt – Graffiti einer ganz anderen Art von einem Künstler, der immer wieder Neues zu bieten hat
Mit dieser Ausstellung feiert Carola Insinger das zehnjährige Bestehen ihrer Galerie. Distelhausen ist zu einem wichtigen Ort für das Kunstgeschehen der Region geworden, besonders seit in Regensburg durch einige Galerieschließungen die Ausstellungsmöglichkeiten für Künstler geschrumpft sind.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung , Artikel und Fotos