Presse
25.11.2008
Subversiv bayerisch-saftig mit sensibler Schwingung
Die Münchner Künstler „carl-h1 daxl“ und Milan Mihajlovic in der Galerie Carola Insinger.
Von Harald Raab, MZ
Kontrastprogramm ist angesagt in der Galerie Carola Insinger in Distelhausen. Einerseits drastisch-fantasievolle bayerisch-saftige Bildergeschichten von „carl-h1 daxl“, bürgerlich Carl-Heinz Daxl, und andererseits kräftige informelle Farbfeldmalerei, aber auch zartes Ausloten großer Leinwandflächen mit sensiblen Farbschwingungen, auf denen auch Figürliches auftauchen kann. Dafür zeichnet Milan Mihajlovic verantwortlich. Daxl und Mihajlovic – beide sind Künstler aus der „Wiede-Fabrik“ in München. Zwei unterschiedliche Wege künstlerischer Weltbetrachtung und Weltdurchdringung in einer Ausstellung: mit Spannungsbogen und für jeden etwas.
Mihajlovic zeigt sich der lyrischen Abstraktion verpflichtet, wenn er die Rhythmik der Farben mit- und gegeneinander in Aktion treten lässt. Doch da ist immer wieder ein ordnendes Element, mit dem das Farbchaos gebändigt wird, etwa ovale Formen, die wie Luftballons in der Atmosphäre des Koloristischen schweben. Wie auch immer, die Ausdruckskraft der Farben bestimmt die Kompositionen, gibt ihnen ihre Dynamik, fern alles Illusionistischen. Die Faszination der spontanen Farbpalette regiert.
Und dann sind da die anderen Leinwände, pastos die Farbe geschichtet – wie Putz auf einer Mauer. Körnige Substanzen sind in die Farben gemischt, Materialität akzentuierend. Die Farbtönung wirkt ausgebleicht, mal stärker, mal schwächer. Eingeritzt sind willkürliche Linien. Da formiert sich aber auch etwas, mit Bleistift unterstützt, bis hin zur schwebenden Frauenfigur. Mihajlovic lädt mit seinen Bildern zum emotionalen, gleichwohl intellektuellen Abenteuer ein.
„carl-h1 daxl“ kommt dagegen mit seiner zeichnerisch-satirischen Erzähllust vordergründiger, direkter daher. Doch der erste Anschein trügt. In seinen Bilderstorys geht es ganz schön subversiv zu. Es darf aber gelacht werden. Er mischt fröhlich Popiges mit der Ikonografie der bäuerlichen Votiv- und Jahrmarktmalerei, inklusive Schießscheiben-Dramaturgie. Lederhosenmannsbilder, Oktoberfestwiesen-Stenze mit Sonnenbrille und Maßkrug, über ihnen als Patrona Bavariae eine dralle Kellnerin mit viel Holz vor der Hütten. Und auch die Schwarze Madonna von Altötting ist wörtlich genommen: eine Negermami mit Wuschelkopf und dicken roten Lippen, dito das breit grinsende Jesulein. Sein rechtes Patschhändchen zum Victory-Zeichen erhoben. Bayerische Political Correctness ist dieser Abart der Wirtshausmalerei wesensfremd. Draxl ist ein Nachfahre der Simplicissimus-Künstler. Denen war ja auch nichts heilig. Aber das muss schon sein – als Ventil fürs ansonsten noch gottes- und obrigkeitsfürchtige Volk der Bayern.
Bis 20. Dezember in der Galerie Carola Insinger, Distelhausen 1, Pielenhofen, Sa./So. 13-17 Uhr u.n.V.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung, Artikel und Fotos
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