Presse

04.09.2019

Köpfe mit seherischem Blick

Sergio Sommavilla aus Brixen stellt bei Carola Insinger aus. So verschieden seine Figuren sind, eines haben sie gemeinsam.

Von Michael Scheiner, MZ

Distelhausen. Nachdenklich fasst sich ein bischöflicher Nepomuk auf der Brücke in Pielenhofen ans bartlose Kinn. Die blicklosen Augen gen Westen gerichtet, könnte der steinerne Brückenheilige auch über die skulpturale Verwandtschaft nachdenken, die sich in seinem Rücken ein Stück weiter die Naab hinunter in der Galerie von Carola Insinger tummelt. Der Brixener Bildhauer Sergio Sommavilla stellt dort „Neue Skulpturen“ aus. Die Ausstellung könnte auch heißen: Köpfe, Köpfe, Köpfe.

Der Südtiroler hat sich längst einen Namen gemacht im hiesigen Raum, ist es doch „mindestens das dritte Mal, dass ich hier ausstelle“, sinniert er freundlich lächelnd über seine Verbundenheit zur Region und Insinger. Diese hat mit der Beteiligung Sommavillas am spektakulären Kunstprojekt „Arche“ begonnen, das 2002 in der Minoritenkirche stattfand. Aus dieser Zeit resultieren auch Künstlerfreundschaften zum damals ebenfalls beteiligten Wigg Bäuml und Günther Kempf. Letzterer übernahm für seinen Freund die Einführung zur aktuellen Ausstellung.

Dabei erwies sich der selbst kunstschaffende, ob seines hintersinnigen Witzes berüchtigte Redner mit einem eleganten Schlenker als geschickter Anpreiser. Am Schluss seines Vortrags, in dem er Sommavillas Köpfe als erhaben, vielsagend und voller Weisheit darstellte, meinte er lakonisch: „Solch ein Ruhepol, solch ein Kraftquell sollte in keinem Haushalt fehlen!“ „Ich kann“, ergänzte er seinen literatursinnigen Beitrag noch verschmitzt, „gern gleich eine Preisliste mitgeben“. Damit löste der schlitzohrige Bartträger erwartungsgemäß ein großes Gelächter aus, dem ein hörbares Wohlwollen innewohnte.

Antike Vorbilder
Dabei hatte er seinen Beitrag mit einem Sonett des britischen Schriftstellers Percy Bysshe Shelley begonnen, in dem in sprachlich schönen Bildern „von der Vergänglichkeit irdischer Werke“ die Rede ist. Blickt man auf Sommavillas Köpfe aus Stein, Holz und Keramik – Bronze ist diesmal nicht mit dabei – ist ein wesentlicher Gedanke der anDauer, an Ewigkeitswerte, keineswegs an zeitliche Begrenztheit. So wie die Figuren und Köpfe der bronzezeitlichen Keros-Kultur von der griechischen Inselgruppe der Kykladen, die heute in Museen, wie dem Louvre in Paris stehen. Von diesen „Bildwerken hat er sich zu seinen, ganz eigenen Kunstwerken inspirieren“ lassen, verweist Kempf auf die antiken Vorbilder des norditalienischen Bildhauers.

Tatsächlich ähneln sich Sommavillas große und kleine Köpfe, die Profilansichten und reliefartigen Breitgesichter, die wie Flundern wirken, im Ausdruck fast wie ein Ei dem anderen. So verschieden die Köpfe in Form, Größe, Haltung, Material und formaler Gestaltung auch sind, sie gucken alle gleich. Das ist einerseits „Markenzeichen von Sergio Sommavilla“, wie Kempf konstatiert. „Extrem reduziert und soweit wie möglichabstrahiert“ auf eine schematische Form, würden diese Köpfe „eine innere Ruhe ausstrahlen“. In den blicklosen Augen und dem kleinen Mund unter der geraden Nase und einer hohen Stirn kann man einen seherischen, mythischen Blick hineinlesen. Einen Blick, der einemtief hinein in die Seele zu schauen und mehr zu erkennen scheint, als jeder Betrachter mit offenen Augen.

Seine Form gefunden
Andererseits hat diese handwerklich hoch verfeinerte und wunderbar ausgefeilte Kunst in dieser äußerlichen Wiederholung auch etwas von wenig erhabener Gefälligkeit. Eine gewisse Selbstzufriedenheit, die darin aufscheint, kann aus der heiteren Gelassenheit eines Schaffenden resultieren, der nicht mehr suchen muss und seine Form, seinen Ausdruckgefunden hat, den er nur noch variiert. Einen eigenen Charakter bekommen die verschiedenen Köpfe dennoch. Zum einen durch die Variation, vor allem aber durchs Material, welches sie einmal abweisend glatt, gemasert und warm, glänzend oder matt erscheinen lässt. Der Wiedererkennungswert begünstigt auch die Absatzchancen – auf die Kempf so pfiffig zielte.

Künstler
Sergio Sommavilla, 1951 in Brixen geboren, studierte Bildhauerei in Venedig. Er arbeitete als Kunsterzieher, seit 1983 stellt er im In- und Ausland aus.

Ausstellung:
„Neue Skulpturen“ von Sergio Sommavilla sind bis zum 6. Oktober in der Galerie Carola Insinger in Distelhausen zu sehen, Freitag bis Sonntag und an Feiertagen von 14 bis18 Uhr, sowie nach Vereinbarung.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung , Artikel und Fotos

Der Südtiroler Bildhauer Sergio Sommavilla (rechts) stellt seine markanten Köpfe in der Galerie von Carola Insinger aus. Künstlerkollege Günther Kempf führte in das Werk ein. Foto: Michael Scheiner

Der Südtiroler Bildhauer Sergio Sommavilla (rechts) stellt seine markanten Köpfe in der Galerie von Carola Insinger aus. Künstlerkollege Günther Kempf führte in das Werk ein. Foto: Michael Scheiner

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